Subsyndromale Angstzustände (SSA) erfüllen die diagnostischen Kriterien für eine generalisierte Angststörung (GAD) nicht vollständig, sind aber dennoch klinisch signifikant genug, um Stress und Beeinträchtigungen im täglichen Leben zu verursachen.1 Es gibt zwar keine allgemein akzeptierte Definition für eine SSA, aber verschiedene Kriterien, anhand derer sich eine SSA und eine GAD voneinander unterscheiden lassen.1 Demnach ist die SSA von kürzerer Dauer und äussert sich in vergleichsweise weniger Symptomen (siehe Abschnitt «Diagnostik der SSA»). Dennoch können Alltag und Lebensqualität der Betroffenen beeinträchtigt sein. Die Übergänge zwischen SSA und GAD sind fliessend, d. h., es besteht ein Kontinuum zwischen diesen beiden Zuständen (Abbildung 1).2 In der Praxis ergeben sich allerdings einige Herausforderungen bei der Definition und damit auch bei der Diagnostik der SSA, zumal diese nicht im ICD oder DSM als eigene Diagnose klassifiziert sind. So führen zu strenge Diagnosekriterien dazu, dass eigentlich behandlungsbedürftige Patienten nicht erkannt und therapiert werden, während bei zu laxen Kriterien normale Ängste als Krankheit eingeschätzt werden.
SSA sind ein häufiger, wiederkehrender und belastender Zustand. So wurde in einer Metaanalyse von 18 Studien mit insgesamt 48’214 Teilnehmern eine Punktprävalenz von 4,4%, eine 1-Jahresprävalenz von 3,9% und eine Lebenszeitprävalenz von 12% gefunden.4 Eine repräsentative Studie an 4181 Patienten ergab für SSA eine 12-Monats-Prävalenzrate von 3,6% gegenüber 1,5% bei einer GAD.5 Subsyndromale Angstzustände kommen demnach mehr als doppelt so häufig vor wie generalisierte Angststörungen.
SSA mit oft schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen
Subsyndromale Angstzustände sind mit deutlich erhöhter Suizidalität verbunden. So wurden in einer kanadischen Studie die Daten von 24’785 Menschen aus der «Canadian Community Health Survey ‒ Mental Health» von 2012 ausgewertet.6 Dabei wurde festgestellt, dass ein klarer Zusammenhang zwischen dem Vorliegen von SSA und dem Vorhandensein von Suizidgedanken besteht: 17,3% der Männer und 15,3% der Frauen mit SSA hatten suizidale Gedanken, während nur jeweils 2,4% der Männer und Frauen ohne SSA solche Gedanken hegten. Bei Männern und Frauen mit einer GAD lagen die entsprechenden Raten bei 32,0% bzw. 21,1%. Darüber hinaus sind subsyndromale Zustände auch Risikofaktoren für eine vollständig ausgeprägte Depression, die als Komorbidität dann ebenfalls mit einer erhöhten Suizidalität einhergehen kann. SSA sind zudem ein Risikofaktor für die Entwicklung einer GAD. So ergab eine epidemiologische Studie an 4528 Personen, dass 11,4% der befragten Niederländer an SSA litten.7 Drei Jahre später hatte sich bei 13,8% davon eine GAD entwickelt, bei 29,0% war der Zustand gleich geblieben und bei 57,3% hatte er sich verbessert. Darüber hinaus ist auch das Risiko für weitere Angststörungen, Stimmungsstörungen sowie Substanzmissbrauch bzw. -abhängigkeit erhöht, wenn SSA vorliegen.2 Eine systematische Literaturrecherche zeigte, dass 83,7% der 18- bis 34-Jährigen und 75% der 35- bis 65-Jährigen mit SSA einen hohen Leidensdruck haben.2 So treten bei Patienten mit SSA häufiger Schlafprobleme und Erschöpfungssymptome auf. Sie unternehmen auch mehr Suizidversuche und leiden unter einer subjektiv wahrgenommenen schlechteren körperlichen Gesundheit.
Wie bei der SSA werden auch bei der subsyndromalen Depression die diagnostischen Kriterien für eine depressive Störung nicht vollständig erfüllt.8 Die subsyndromale Depression ist bereits gut untersucht und gilt als ein Risikofaktor für weitere Folgeschäden.9
Subsyndromale Angstzustände sollten daher frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden, um die damit verbundenen Folgen zu vermeiden und eine Progression zur GAD zu verhindern. Hier ist der Hausarzt oft der erste Ansprechpartner, da sich 60% aller psychiatrischen Patienten zuerst in der hausärztlichen Praxis vorstellen. Gleichzeitig sind die psychiatrischen Einrichtungen in der Schweiz stark überlastet. Daher ist es wichtig, dass der Hausarzt befähigt wird, die Erstversorgung durchzuführen.
Diagnostik der SSA
Subsyndromale Angstzustände können mit einem breiten Spektrum an Symptomen ‒ auch somatischen Beschwerden wie Palpitationen oder Schmerzen ‒ einhergehen. Daher ist die Differentialdiagnostik in der Hausarztpraxis ‒ trotz relativ klarer Diagnosekriterien ‒ oft zeitaufwendig und läuft auch häufig in die falsche Richtung. Die Diagnose wird auch dadurch erschwert, dass die subjektiven Wahrnehmungen und der Leidensdruck der Patienten schwer zu objektivieren sind und die Patienten häufig keine (psychiatrische) Diagnose wünschen. Zudem fehlen einfach zu objektivierende Kriterien für eine Früherkennung. Parallel zur somatischen Diagnostik sollte daher ein kurzes Screening auf Angstzustände mittels einfacher Fragebögen durchgeführt werden. Für die Diagnosestellung eines subsyndromalen Angstzustands werden folgende Kriterien vorgeschlagen2:
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Die Ängste und Sorgen dauern seit mindestens drei Monaten an. Dabei sind Schwierigkeiten bei der Kontrolle der Sorgen nicht obligatorisch für die Diagnose von SSA.
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Es müssen ≥2 (statt ≥3 wie bei der GAD) der Symptome vorliegen, die gemäss DSM-5[1] für die Diagnose einer GAD notwendig sind. Zu diesen Symptomen gehören: Ruhelosigkeit oder «ständig auf dem Sprung sein», leichte Ermüdbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten oder Leere im Kopf, Reizbarkeit, Muskelspannung und Schlafstörungen.
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Auf dem Fragebogen «Generalized Anxiety Disorder with 7 items (GAD-7)»10 muss ein Score von ≥5 erreicht werden.
In der hausärztlichen Praxis ist hierbei eine Vorgehensweise in zwei Schritten praktikabel (Abbildung 2)1: Im 1. Schritt zeigt ein Plakat im Wartezimmer einen kurzen Hinweis, dass Angstzustände oft nicht erkannt werden, sowie die beiden Fragen des GAD-2-Fragebogens, der eine verkürzte Version des GAD-7-Fragebogens darstellt mit den Items «Häufigkeit von Nervosität, Angst oder Anspannung» sowie «Häufigkeit der Unfähigkeit, die Sorge zu stoppen oder zu kontrollieren». Jedes Item wird auf einer Skala von 0–3 bewertet, wobei höhere Werte auf stärkere Angstsymptome hinweisen. Alternativ oder zusätzlich zu dem Plakat kann auch eine entsprechende Broschüre ausgelegt werden. Die Patienten sollten ermutigt werden, den Hausarzt darüber zu informieren, falls sie 3 oder mehr Punkte erreicht haben. Wenn dies der Fall ist, beurteilt der Hausarzt in einem zweiten Schritt den Patienten dann mit Hilfe des GAD-7-Fragebogens.
Therapie der SSA
Es gibt verschiedene ‒ nationale und internationale ‒ Leitlinien, die evidenzbasiert Empfehlungen zur Vorgehensweise bei der Behandlung von Angststörungen geben. Hierzu gehören beispielsweise die Schweizer Behandlungsempfehlung,11 die deutsche S3-Leitlinie12 und die Guidelines der World Federation of Societies of Biological Psychiatry.13
Nichtmedikamentöse Massnahmen
Bei einer GAD wird als nichtmedikamentöse Intervention eine kognitive Verhaltenstherapie (KVT; Evidenzkategorie Ia/Empfehlungsgrad A+) oder, falls diese nicht in Frage kommt, eine psychodynamische Psychotherapie (IIa/B+) empfohlen.11,14 Eine systemische Therapie sowie KVT-basierte Internetinterventionen oder Virtuelle-Realität-Expositionen können ebenfalls zum Einsatz kommen.11,14
Bei subsyndromalen Angstzuständen sollte die Therapie zunächst mit nichtmedikamentösen Behandlungsversuchen gestartet werden. Falls das nicht zum gewünschten Erfolg führt, sollte eine medikamentöse Therapie eingeleitet werden. Die nichtmedikamentöse Behandlung der SSA umfasst präventive Lebensgewohnheiten und Psychotherapie.1 Im Bereich der Selbstmanagement- und Lifestyle-Interventionen werden körperliche Aktivität (Evidenzgrad 1a), achtsamkeitsbasierte Interventionen (1a bis 2b) und eine spirituell integrierte Behandlung (1b) empfohlen.1 An psychotherapeutischen Massnahmen werden eine kognitive Verhaltenstherapie (1b), eine Verhaltensaktivierung (1b) und eine über das Internet bereitgestellte kognitive Verhaltenstherapie (2b) empfohlen.1
Medikamentöse Behandlung
Die Schweizer Leitlinien empfehlen zur medikamentösen Therapie der GAD unter anderem SSRI[2] wie Escitalopram und Paroxetin (Evidenzkategorie Ia, Empfehlungsgrad A+), SNRI[3] wie Duloxetin und Venlafaxin (Ia/A+), den Melatoninagonisten Agomelatin (Ia/A+) und den Kalziummodulator Pregabalin (Ia/B+).11,14 In der S3-Leitlinie und den WFSBP-Guidelines werden vergleichbare Empfehlungen gegeben.12,13 Wenn diese Therapien versagen, können auch andere Medikamente, z. B. trizyklische Antidepressiva, eingesetzt werden (Abbildung 3). Dabei konnte in einer Reihe von Studien die Evidenz für den Einsatz von SSRI, SNRI, Pregabalin und Agomelatin bei GAD nachgewiesen werden.15–17
Was die Therapie der SSA betrifft, fehlt jedoch die Evidenz für einen Einsatz von SSRI, SNRI und anderen Medikamenten, die zur Behandlung der GAD empfohlen werden.1 Zudem besteht bei der Anwendung dieser Substanzen das Problem der Nebenwirkungen und der daraus resultierenden mangelnden Compliance sowie möglicher Interaktionen.1 Als alternative Möglichkeit bietet sich insbesondere bei subsyndromalen Zuständen eine Phytotherapie an, die i.d.R. nebenwirkungs- und interaktionsarm ist. Bei der SSA kann als Pharmakotherapie beispielsweise der Lavendelöl-Wirkstoff Silexan® in Betracht gezogen werden. Dieser weist einen dualen Wirkmechanismus auf (Abbildung 3)1,18,19:
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Silexan® moduliert präsynaptische Kalziumkanäle, die an der Freisetzung von Neurotransmittern beteiligt sind, indem es den Kalziumeinstrom über mehrere verschiedene Typen von spannungsabhängigen Kalziumkanälen (N, P/Q, T) reduziert. Dies führt dazu, dass weniger erregende Neurotransmitter ausgeschüttet werden. Pregabalin und Gabapentin wirken ähnlich, wobei Pregabalin jedoch selektiv an den P/Q-Kalziumkanaltyp bindet, Silexan® hingegen nicht.
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Silexan® reduziert zudem das Bindungspotenzial des postsynaptischen 5-HT1A-Rezeptors in den an der Angstregulierung beteiligten Hirnregionen. Dies führt zu einer verminderten Serotonin-1A-Rezeptorbindung (Mechanismus der anxiolytischen Wirkung).
Demnach kann Silexan® eine anxiolytische Wirkung aufweisen.21,22 Dies belegen auch die Daten einer Metaanalyse von drei randomisierten kontrollierten Studien, die an insgesamt 697 Patienten mit SSA durchgeführt wurden.23 Dabei wurde die Angstentwicklung mit Hilfe des HAMA-Scores[4] auf der Basis eines standardisierten Fragebogens mit 14 Fragen bestimmt. Auf der Angstskala können maximal insgesamt 56 Punkte erreicht werden (maximal starker Angstzustand), davon 23 Punkte auf der psychischen und weitere 23 Punkte auf der somatischen Subskala.24,25 Die Auswertung ergab, dass der Score nach 10-wöchiger Therapie mit Silexan® um 3,83 Punkte und damit signifikant niedriger lag als in der Placebogruppe (p=0,003). Was die psychischen und somatischen Ängste betrifft, lagen die entsprechenden Werte gemäss HAMA unter Silexan® um 2,15 bzw. 1,70 Punkte niedriger als unter Placebo (p=0,005 bzw. 0,002). Dabei zeigte sich die anxiolytische Wirkung von Silexan® sowohl in den Bewertungen der Beobachter als auch in der Selbsteinschätzung der Patienten. Die Nebenwirkungen waren in beiden Studiengruppen vergleichbar. Die Ergebnisse zeigen, dass Silexan® bei SSA-Patienten einen anxiolytischen Effekt haben kann, der sich in der vorliegenden Studie als statistisch signifikant erwies.23
Diese Daten wurden durch eine Metaanalyse von fünf Studien bestätigt, in denen gezeigt wurde, dass der HAMA-Score bei Patienten mit Angststörungen unter Silexan® 160 mg stärker reduziert werden konnte als unter Silexan® 80 mg (WMD[5]: -1,14), unter Placebo (WMD: -2,20) und unter Paroxetin 20 mg (WMD:-1,24).26 Zudem wurde beobachtet, dass Silexan® 80 mg genauso wirksam ist wie Paroxetin 20 mg. Insgesamt ergab die Analyse demnach, dass Silexan® 160 mg zu einem signifikanten Rückgang des HAMA-Scores führen kann und vermutlich eine effizientere Behandlung ermöglicht als die übrigen untersuchten Präparate.
Neben dem Lavendelölpräparat Silexan®, dessen Einsatz sich bei der Therapie der SSA ‒ wie oben ausgeführt ‒ in Studien als wirksam erweisen konnte,23,26 sind in der Schweiz noch Phytotherapeutika gegen Angstzustände zugelassen, die Johanniskraut oder eine Kombination aus pflanzlich basierten Hypnotika und Sedativa enthalten.27 Bei den Johanniskraut-haltigen Präparaten wurden bislang jedoch lediglich präklinische Versuche an Tieren zur Toxizität und Mutagenität sowie zum Teil klinische Studien zur Untersuchung der Wirksamkeit gegen Depressionen durchgeführt.28–30 Klinische Zulassungsstudien zur Effektivität bei Patienten mit voll ausgebildeten Angststörungen, aber auch SSA fehlen jedoch. Auch bei den Präparaten, die pflanzliche Hypnotika und Sedativa enthalten, z. B. Kombinationen mit Auszügen aus Pestwurz-Wurzeln, Passionsblumen-Trockenextrakt, Baldrianwurzel-Trockenextrakt und Melissenblätter-Trockenextrakt, sind in der jeweiligen Fachinformation bisher keine zulassungsrelevanten klinischen Studien zur Wirksamkeit gegen SSA aufgeführt.31,32 Zudem wurden in Verbindung mit einem Präparat, welches einen bestimmten Pestwurz-Extrakt enthielt, in sehr seltenen Fällen schwere Leberschädigungen beobachtet.31,32 Für andere pflanzliche Präparate, die bei subsyndromalen Angstzuständen eingesetzt werden, wie Zitronenmelisse, Kava-Kava und Ginkgo biloba fehlen bisher ebenfalls randomisierte Studien für die Behandlung der SSA und somit die wissenschaftliche Grundlage.1,11
Wenn sich trotz dieser therapeutischen Massnahmen die Symptome eines subsyndromalen Angstzustands so weit verschlechtern, dass sich eine vollständig ausgebildete Angststörung entwickelt, sollte diese gemäss den schweizerischen Empfehlungen zur Therapie von Angsterkrankungen behandelt werden.11
Rolle des Hausarztes
Psychische Beschwerden wie SSA kommen in der Hausarztpraxis sehr häufig vor. Der Hausarzt ist somit oft der erste Ansprechpartner für Patienten mit subsyndromalen Angstzuständen. Für das Management eines SSA-Patienten wird dem Hausarzt eine der beiden folgenden grundsätzlichen Möglichkeiten empfohlen1: Entweder führt er die Behandlung des Patienten zunächst selbst durch oder er überweist den Patienten direkt an eine spezialisierte Versorgungseinrichtung.
Die S3-Leitlinien fassen die hausärztliche Rolle bei der Versorgung von Menschen mit Angstzuständen wie folgt zusammen12:
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Erkennung von Angstzuständen und korrekte Diagnosestellung einschliesslich Abklärung möglicher somatischer Differenzialdiagnosen.
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Vermittlung der Diagnose an den Patienten. Eine empathische und vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung ist dabei wichtig.
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Einleitung der Therapie (Beratung, Medikation).
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ggf. Überweisung zum Facharzt zu weiterer Abklärung und Therapie.
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Koordination weiterer Behandlungen wie Langzeitversorgung und Monitoring, ambulantes Setting und Überbrückung von Versorgungsengpässen.
Für die psychiatrische Diagnose stehen in der Hausarztpraxis verschiedene «Werkzeuge» zur Verfügung. Hierzu gehören Scores und Fragebögen (z. B. GAD-7), psychiatrisches Grundwissen (Erfragen der Haupt- und Zusatzsymptome), somatische Abklärung (Schilddrüse, Sexualhormone etc.) und last but not least der «gesunde Menschenverstand». So ist der Patient dem Hausarzt häufig schon lange bekannt, der daher dessen Befindlichkeit meist gut einschätzen kann. Nach der Diagnose kann der Hausarzt dann eine Behandlung der SSA einleiten. Eine praktikable Vorgehensweise hierbei ist in Abbildung 4 dargestellt.1
Wenn trotz Therapie nach 4 bis max. 8 Wochen keine Besserung eintritt oder die Symptomschwere sogar zunimmt, sollte der Patient jedoch bei einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie angemeldet werden. Dabei gibt es bestimmte «Red Flags», die für eine solche Anmeldung sprechen (siehe Kasten).
Dabei ist zu beachten, dass Monate vergehen können, bis der Patient einen Termin beim Spezialisten erhält. Daher ist es wichtig, dass die Behandlung in der Zwischenzeit vom Hausarzt weitergeführt wird («bridging»), bis der Facharzt die Therapie übernimmt. Spital-Ambulanzen haben Notfallsprechstunden, die den Hausarzt gegebenenfalls durch eine Zweitmeinung unterstützen können. Für das Therapiemanagement der SSA ist somit folgender zeitlicher Ablauf denkbar:
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Der Hausarzt sollte mit der Behandlung beginnen und diese auch weiterführen, wenn innerhalb eines Monats eine Besserung eintritt.
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Falls nach 1–2 Monaten keine Besserung eintritt, sollte der Hausarzt einen Spezialisten avisieren, die Therapie aber zunächst weiterführen.
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Bei Suizidalität ist eine Einweisung in eine psychiatrische Klinik zu erwägen, wenn andere Möglichkeiten, den Patienten sicher zu behandeln, nicht zur Verfügung stehen.
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Eine notfallmässige Aufnahme von Patienten mit Angsterkrankungen erfolgt am häufigsten bei solchen mit Panikstörungen, insbesondere auch zur Abklärung von somatischen Ursachen. Demgegenüber nehmen die SSA und die GAD meist einen chronischen Verlauf, so dass eine notfallmässige Zuweisung in diesen Fällen seltener erforderlich ist.
Schlussfolgerungen
SSA treten häufig auf und verursachen einen hohen Leidensdruck. Eine frühzeitige Diagnose und adäquate Therapie sind daher von grosser Bedeutung. Der Hausarzt ist meist der erste Ansprechpartner für SSA-Patienten und kann durch die Erstversorgung bei der Diagnostik und Therapie die psychiatrischen Einrichtungen entlasten. Die Diagnose eines subsyndromalen Angstzustands kann in der Hausarztpraxis anhand der Anamnese (z. B. Dauer des Zustands, Art der Symptome) und mit Hilfe von einfachen praktikablen Scores wie GAD-2 oder GAD-7 gestellt werden. Grundpfeiler der SSA-Therapie in der hausärztlichen Praxis sind Lebensstiländerung, Psychotherapie und Pharmakotherapie, wobei hier aufgrund der besseren Verträglichkeit die Behandlung mit einem Phytoarzneimittel naheliegt. Hier empfehlen wir Silexan® als Therapieoption, deren Wirksamkeit und Sicherheit bei der Behandlung von Angstzuständen in Studiendaten gezeigt wurde.23,26 Damit ist Silexan® bislang das einzige pflanzliche Präparat, für das in kontrollierten klinischen Studien eine ausreichende Evidenz bei der Behandlung von Angstzuständen nachgewiesen wurde.1 Für andere pflanzliche Präparate fehlen hier aktuell entsprechende Wirksamkeitsstudien.1
Kernaussage
Es ist wichtig, die SSA möglichst früh zu erkennen und zu behandeln. Dabei kommt dem Hausarzt in der Erstversorgung eine entscheidende Rolle zu.
Interessenskonflikte
Marc Walter erhielt Honorare für Vorträge und Beratung von Schwabe Pharma AG Schweiz, Lundbeck Schweiz, OM Pharma Schweiz, Takeda Schweiz, Recordati Schweiz, Johnson und Johnson Schweiz, Otsuka Schweiz, Servier Schweiz, Sandoz Schweiz und Salmon Pharma.
Bernhard Hollinger-Gerber erhielt Honorare für einen Vortrag und Beratung von Schwabe Pharma AG Schweiz.
Erich Seifritz erhielt Honorare für Vorträge und Beratung von Schwabe Pharma AG Schweiz und Deutschland, Lundbeck Schweiz, Takeda Schweiz, OM Pharma Schweiz, Recordati Schweiz, Johnson und Johnson Schweiz, Otsuka Schweiz, Mepha Schweiz, Zeller Schweiz, Boehringer Ingelheim Schweiz und Hofmann La Roche Schweiz.
Thomas Müller erhielt Honorare für Vorträge und Beratung von AstraZeneca, Bristol-Myers Squibb, Janssen, Servier, Eli Lilly, Zeller Medical, Mepha, Lundbeck, Otsuka, Sunovion, Schwabe Pharma, Sandoz, Sunovion, Takeda.
Bernd Krämer erhielt ein Honorar für Beratung von Schwabe Pharma AG Schweiz.
Ion-George Anghelescu erhielt Honorare für Vorträge und Beratung von Aristo, Janssen, Merck, Recordati und Schwabe Pharma.
Michael Colla erhielt ein Honorar für Beratung von Schwabe Pharma AG Schweiz.
Martin Hatzinger erhielt Honorare für Vorträge und Beratung von Idorsia, Janssen, Vifor, Lundbeck und Schwabe Pharma.
Finanzierung
Schwabe Pharma AG hat die Erstellung dieser Anleitung durch einen Grant an H+O communications Ltd. unterstützt, jedoch keinerlei Einfluss auf dessen Inhalt genommen.
Autorenbeiträge
Alle Autoren haben zum endgültigen Manuskript beigetragen und es genehmigt.
DSM: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
SSRI: Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren
SNRI: Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Inhibitoren
HAMA: Hamilton Anxiety Rating Scale
WMD: gewichtete Differenz