Einführung

Die thorakale Sonographie erbringt einen breiten Nutzen in der Diagnostik und Therapie (Tabelle 1) pleuraler, pulmonaler und anderweitiger thorakaler Erkrankungen. Sie bietet in Echtzeit eine rasche Analyse vielfältiger thorakaler Pathologien. Neben der Diagnose von Pleuraergüssen können auch Zwerchfellfunktionsstörungen, pulmonale Konsolidationen, Tumore, Empyeme, Abszesse, Rippenfrakturen und thorakale Lymphadenopathien ohne Strahlenbelastung nachgewiesen und weiter spezifiziert werden. Zudem macht die Thoraxsonographie thorakale Interventionen sicherer (insb. Pleuraergusspunktionen) und kann postinterventionelle Röntgenuntersuchungen vermeiden. Dieser Artikel soll neben einer Einführung einen Überblick über die aktuellen Einsatzmöglichkeiten der thorakalen Sonographie bieten. Zudem sind dem Artikel praktische Tipps angehängt zur Unterstützung einer gezielten und sicheren Ultraschallanwendung am Thorax (Tabelle 2).

Tabelle 1.Diagnostischer und therapeutischer Nutzen der thorakalen Sonographie.
Struktur Nutzen
Pleuraerguss Quantifizierung, Charakterisierung (Binnenreflexe, Septierung), Ultraschall-geführte Punktion
Pleuraverdickungen Detektion, Charakterisierung, Ultraschall-geführte Biopsie
Diaphragma Funktionsprüfung, Detektion der Dicke und -Beweglichkeit, Detektion von Metastasen
Pneumothorax Pneumothorax «rule out» zumeist möglich
ABER: keine Bestimmung der Pneumothoraxgrösse, CAVE: Bullae/Emphysem/Pleuraverklebungen können Pneumothorax vortäuschen
Lunge Atelektase, Infiltrate, Aerobronchogramm, periphere Lungenläsionen, Ultraschall-geführte Biopsie
Herz Detektion von Perikarderguss, Detektion Kardiomegalie (FOCUS-Untersuchung)
Rippen und Sternum Frakturen (im Rx oft nicht sichtbar, klinische Diagnose), Metastasen
Lymphknoten Detektion, Charakterisierung, Ultraschall-geführte Punktion
Tabelle 2.Praxistipps für die thorakale Sonographie.
1. Vorbilder genau Beurteilen um die Untersuchung zielgerichteter durchführen zu können. Wichtig: Thorakale Lymphknoten, thorakale Pathologien und pulmonale Konsolidationen oder Tumore welche die Thoraxwand berühren, können sehr gut mit dem Ultraschall dargestellt werden.
2. Sich Zeit nehmen um den Patienten korrekt und bequem zu positionieren. Anhand der Vorbilder bereits im Vorfeld die beste Position für den Patienten festlegen.
3. Pleuraergüsse bezüglich Grösse/Ausdehnung, Echodichte/Echogenität und Septierung genau beschreiben.
4. Pleurapunktionen sollten konsequent mit Hilfe des Ultraschalls geplant und durchgeführt werden, um Komplikationen zu minimieren. Zur Punktionsplanung sollte von kaudal nach apikal vorgegangen werden: Zuerst ein viszerales Organ darstellen (Leber/ Milz), dann sich langsam nach apikal bewegen, bis die Pleura sicher dargestellt werden kann. Damit lässt sich sicherstellen, dass der Befund tatsächlich intrathorakal liegt.
5. Das Vorhandensein von «Lung Sliding», B-Linien oder «Lung Pulse» schliesst einen Pneumothorax aus. Der Nachweis eines «Lung Point» beweist den Pneumothorax und lässt die Ausdehnung des Pneumothorax abschätzen. Im M-Mode entspricht das «Seashore Sign» dem Normalbefund, das «Barcode Sign» zeigt sich beim Pneumothorax.
6. Die thorakale Sonographie kann zum Ausschluss eines Pneumothorax nach thorakalen Interventionen (z.B. Punktionen) eingesetzt werden. Damit werden postinterventionelle konventionell-radiologische Untersuchungen vermieden.
7. Sonographisch gesteuerte Punktionen am Thorax sind sicher und effizient. Voraussetzung ist eine gute Darstellbarkeit, ein sicherer Biopsietrakt und eine gute Planung.
8. Eine standardisierte Protokollierung gem. Lungenultraschall-Protokoll (DEGUM/SGUM/ÖGUM) ist empfohlen.1

Technik

Für die thorakale Sonographie wird üblicherweise die an den meisten Ultraschallgeräten vorhandene konvexe Sonde (Abbildung 1B) des Ultraschallgerätes benutzt (2-5 MHz). Es empfiehlt sich zur Übersichtlichkeit die Tiefe auf 10 cm einzustellen. Für eine genauere Darstellung oberflächlicher Strukturen wie z.B. thorakaler Lymphknoten kann die lineare Sonde (7-14 MHz) (Abbildung 1A) verwendet werden. Die Sonde wird der Übersichtlichkeit halber in kraniokaudaler Ausrichtung positioniert (Abbildung 1C,D). Für die meisten Untersuchungen ist eine sitzende Position ideal, für spezielle Fragestellungen kann auch eine seitlich liegende Position sinnvoll sein. Zum Ausschluss eines Pneumothorax erfolgt die Untersuchung in halbliegender oder liegender Position (Abbildung 1E) wobei im Längsschnitt zwischen Parasternal- und Medioclavikularlinie auf Höhe 3. und 4. Interkostalraum (am höchsten Punkt des Thorax) untersucht wird.

Abbildung 1
Abbildung 1.A) Lineare Ultraschallsonde. B) Konvexe Ultraschallsonde. C) Dorsal links apikobasale Ausrichtung des Schallkopfes (Knopf oben). D) Dorsal rechts apikobasale Ausrichtung des Schallkopfes (Knopf oben). E) Längsschnitt zwischen Parasternal- und Medioclavikularlinie auf Höhe 3. und 4. Interkostalraum (am höchsten Punkt des Thorax) zur Pneumothoraxsuche. F, Beurteilung der Zwerchfellbeweglichkeit im subcostalen Querschnitt.

Normalbefund

Ohne Pleuraerguss schiebt sich die luftgefüllte Lunge wie ein Vorhang «curtain sign» vor die Milz bzw. Leber (Abbildung 2A). Anhand des Bewegungsumfanges der Lunge kann auch die Zwerchfellbeweglichkeit mitbeurteilt werden. Die Pleura parietalis und die Lungenoberfläche mit Pleura viszeralis sind als helle echogene Linie sichtbar. Bei Inspiration und Exspiration zeigt sich das sogenannte «lung sliding» als gegenläufige Gleitbewegung der beiden Pleurablätter.

Abbildung 2
Abbildung 2.A) Normalbefund mit «curtain sign». B) Nachweis Rippenfraktur mit Linearsonde. C) Pleurale Metastase. D) Grosser echoreicher Pleuraerguss mit haifischflossenartig kollabierter Lunge.

Pneumothorax

Die Sensitivität des Ultraschalls zum Ausschluss eines Pneumothorax ist besser als die einer konventionellen Röntgenaufnahme, wenn zum Ausschluss neben dem Lungengleiten auch auf die B-Linien und auf den Lungenpuls geachtet wird. Der Ultraschall bietet sich deshalb auch postinterventionell an, um anstelle einer Röntgenaufnahme einen Pneumothorax auszuschliessen.2 Bei Emphysembullae, nach Pleurodese, bei pleuralen Adhäsionen oder bei Zwerchfellparese sinkt die Sensitivität der Sonographie, hier ist bei unklaren Situationen eine computertomographie (CT)-Untersuchung zu erwägen, da sie eine bessere Übersicht bietet.3 Zur besseren Darstellung der Bewegungen der Pleurablätter kann der M-Mode eingesetzt werden (Normalbefund: «Seashore-Sign», Pneumothorax: «Barcode-Sign»).

Rippenfrakturen

Die Diagnose einer Rippenfraktur mittels Thoraxröntgen ist unzuverlässig. Bei klinischem Verdacht bietet hier die thorakale Sonographie eine deutlich bessere Sensitivität (Abbildung 2B).4 Es empfiehlt sich mit der linearen Sonde dem Rippenverlauf zu folgen und die Rippen «abzufahren». Desweiteren sollte die Stelle maximaler Schmerzintensität vom Patienten bestmöglich lokalisiert und dort gezielt die Fraktur gesucht werden.

Thoraxwandpathologien

Thoraxwandtumore können in der Regel sehr gut mit der linearen Sonde detektiert und Lokalisation, Ausdehnung, Verschieblichkeit und Abgrenzung bzw. Kontakt zu Thoraxwandstrukturen spezifiziert werden (Abbildung 2C). Dies erlaubt zumeist auch eine direkte ultraschall-geführte Feinnadelaspiration, da keine belüftete Lunge durchstochen werden muss. Hierzu wird nach Lokalanästhesie die Punktion in der Regel mit einer 22G (Spinal-)Nadel mit Mandrin durchgeführt und mit Sog über eine 10 ml Spritze zytologisches Material asserviert. Oftmals erlaubt das zytologische Feinnadelaspirat eine Zuordnung der zugrundeliegenden Pathologie und kann auch für weitere Analysen herangezogen werden. Bei unzureichendem Material für eine präzise Diagnose (ggf. inklusiv molekulargenetischer Analytik) kann ebenfalls ultraschall-geführt eine grössere Gewebeprobe zur histologischen Analyse mittels Schneidbiopsienadel (z.B. mittels True-Cut/ Bio-Pince) entnommen werden.5

Extrathorakale Lymphknoten

Zervikale, supraklavikuläre und axilläre Lymphknoten können sonographisch hervorragend dargestellt werden. Physiologisch zeigen Lymphknoten eine ovale oder trianguläre Konfiguration mit echogenem Fetthilus. Maligne veränderte Lymphknoten erscheinen typischerweise vergrössert (je nach Lokalisation bestehen unterschiedliche Normwerte), unregelmässig konfiguriert, hypoechogen und mit fehlendem Fetthilus.6 Die ultraschall-geführte Punktion eines vergrösserten supraklavikulären Lymphknotens kann in einem wenig belastenden Schritt zur zytologischen Diagnostik beitragen, beispielsweise im Rahmen des Stagings (N3) eines Bronchuskarzinoms.

Pleuraerguss

Pleuraergüsse können mit Ultraschall deutlich besser diagnostiziert und quantifiziert werden als mittels konventionellem Röntgen.7 Ein Pleuraerguss stellt sich typischerweise als homogener, echoarmer Bereich zwischen den beiden Pleurablättern dar. Bei grösseren Ergüssen kann oft auch eine haifischflossenartige atelektatische Lunge dargestellt werden (Abbildung 2D). Für die Quantifizierung der Ergussmenge hat sich eine einfache, zuverlässige Formel bewährt: Dazu wird die maximale kraniokaudale Ergussausdehnung in sitzender Position im Bereich der lateralen Thoraxwand gemessen. Die maximale Ergussausdehnung in cm ergibt mit 100 multipliziert die abgeschätzte Ergussmenge in ml.

Die einfache Formel

Ergussausdehnung in cm x 100 = Ergussmenge in ml

ist im klinischen Alltag praktikabel und recht zuverlässig.8 Im Beispielbild (Abbildung 3A) ist bei maximaler kraniokaudaler Ergussausdehnung von knapp 8 cm eine Ergussmenge von ca. 800 ml anzunehmen.

Abbildung 3
Abbildung 3.A) Messung maximale kraniokaudale Ergussausdehnung an lateraler Thorawand (z.B. 8 cm x 100= 800 ml). B) Feinseptierter Pleuraerguss rechts. C) Diaphragmale und pleurale Verdickungen bei Mesotheliom. D) Konsolidation mit Aerobronchogramm bei Pneumonie.

Neben der Ausdehnung sollte der Erguss auch betreffend Echogenität (echoarm/echoreich) und Septierung (fein/dick) beschrieben werden. Beidseitige echoarme Ergüsse ohne Septierungen sind meist Transsudate während (einseitige) echoreiche oder septierte Ergüsse Exsudate vermuten lassen.9 Grosse einseitige Pleuraergüsse sind verdächtig für eine maligne Genese und sollten unbedingt mittels wiederholter Pleurapunktionen und systematischer Aufarbeitung10 weiter abgeklärt werden. Septierte Ergüsse (Abbildung 3B) sind entweder maligner Genese oder Ausdruck eines komplizierten parapneumonischen Ergusses oder eines Empyems. Neben der Klinik erleichtert die Pleurapunktion die weitere Zuordnung des Ergusses, da beim Empyem sowie beim komplizierten parapneumonischen Erguss ein tiefer pH (<7.2), ein trüber bis eitriger Ergussaspekt sowie eine tiefe Glucose (<2.2 mmol/L) und eine hohe laktatdehydrogenase (LDH) (>1000 IU/L) zu erwarten sind, während diese Parameter beim maligen Erguss seltener vorliegen. Desweiteren kann die Sonographie helfen, die weiteren therapeutischen Schritte wie Notwendigkeit von Thorakoskopie, Thoraxdrainage und ggf. zusätzlich Fibrinolyse zu planen.11

Beim malignen Erguss handelt es sich häufig um echoarme Ergüsse. Allerdings schliesst der einmalige fehlende Nachweis maligner Zellen im Pleuraerguss die maligne Genese nicht aus, so dass bei vorliegendem Verdacht eine weitergehende Diagnostik (zweite Punktion, weitergehende Abklärung z.B. Thorakoskopie) zu empfehlen ist.

Ultraschall-geführte Pleuraergusspunktionen reduzieren das Risiko für Pneumothorax oder viszerale Organpunktionen.12 Nach einer komplikationslos durchgeführten Pleuraergusspunktion erübrigt sich eine Röntgenkontrolle. Sollte der Verdacht auf einen Pneumothorax bestehen, kann dieser ebenfalls mittels thorakaler Sonographie zuverlässig ausgeschlossen werden.

Pleurale/Diaphragmale Verdickung

Der sonographische Nachweis nodulärer Verdickungen von Pleura und Zwerchfell sollte an eine maligne Genese denken lassen. Pleurale Verdickungen von über 10 mm oder eine diaphragmale Verdickung von über 7 mm bedürfen einer weiteren Abklärung (Abbildung 3C).13

Konsolidationen

Auch pulmonale Pathologien lassen sich mittels Ultraschall häufig detektieren unter der Voraussetzung, dass der Prozess nicht von lufthaltiger Lunge umgeben ist und Kontakt zur Pleura besteht. Eine Pneumonie, eine Lungenembolie, ein Lungentumor, eine Atelektase oder eine Lungenkontusion stellen sich ähnlich, als subpleurale, «gewebeähnliche Konsolidation» dar.

Pneumonie

Die Pneumonie kann sich im Frühstadium hyperechogen zeigen und eine ähnliche Echotextur wie die Leber (hepatisierte Lunge) aufweisen, zudem kann bei der Pneumonie häufig eine vermehrte Durchblutung im Farbdoppler nachgewiesen werden. Luftgefüllte Bronchien im Sinne eines Aerobronchogramms im Rahmen einer Pneumonie stellen sich meist als helle, aufblitzende Flecken dar (Abbildung 3D). Lungenabszesse reichen häufig bis an die Pleura heran und sind dann meist als hypoechogene Läsionen mit irregulärer Wand sonographisch darstellbar. Zentral sind Lungenabszesse meist anechogen/ avaskulär, obwohl gelegentlich kleine Luftblasen helle Binnenechos produzieren können.

Lungenembolie

Goldstandard zur Diagnose einer Lungenembolie ist weiterhin die kontrastmittelgestützte Computertomographie. Sonographisch kommen periphere Lungenembolien als homogene, echoarme, trianguläre Struktur mit Basis an der Pleura zur Darstellung. Sie finden sich meist dorsobasal, sind in der Hälfte der Fälle von kleinen Pleuraergüssen begleitet und zeigen entsprechend ihrem Pathomechanismus in der konstrastmittelverstärkten Sonografie (CEUS) eine fehlende Konstrastierung.

Lungentumore

Ein Lungentumor imponiert sonographisch typischerweise als hypoechogene, im Farbdoppler minderdurchblutete Struktur mit irregulärer Wand und posteriorer Schallverstärkung. Die Durchblutung der meisten Lungentumore ist irregulär, oft korkenzieherartig und erfolgt regelhaft durch die Bronchialarterien. Bei genauer sonographischer Untersuchung kann evtl. ein Unterbruch der viszeralen Pleura und bei fehlender atemabhängiger Beweglichkeit gegenüber der Thoraxwand auch eine parietale Infiltration dargestellt werden. Die genaue sonographische Exploration hat hier einen direkten Einfluss auf das Tumorstaging und ist als dynamische Echtzeituntersuchung bezüglich Tumorinfiltration von Pleura und/ oder Thoraxwand der CT-Untersuchung sogar überlegen.13 Eine CEUS-Untersuchung (kontrastverstärkte Sonographie) eines peripher gelegenen thorakalen Tumors kann helfen, den vitalen Tumoranteil für eine transthorakale ultraschall-geführte Punktion zu identifizieren.

Atelektase

Am häufigsten kommt sonographisch die Kompressionsatelektase vor, dabei wird die Lunge z.B. von einem grossen Pleuraerguss von aussen komprimiert (Abbildung 2D) und stellt sich dann «haifischflossenartig» dar. Bei tiefer Inspiration kann durch Wiederbelüftung ein Aerobronchogramm beobachtet werden. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der Obstruktionsatalektase um eine zentraler liegende Obstruktion des Bronchialsystems, dabei ist eine Wiederbelüftung nicht erreichbar und somit kein Aerobronchogramm auffindbar. Jedoch können bei der Obstruktionsatelektase bei meist homogenen und echoarmem Lungenparenchym «Fluidobronchogramme» (flüssigkeitsgefüllte Bronchien), intraparenchymatöse Herdbildungen/Abszesse oder zentrale Raumforderungen darstellbar sein.

Interstitielles Syndrom: B-Linien und Kometenschweife

Im Gegensatz zur Konsolidation finden sich beim «interstitiellen Syndrom» sogenannte B-Linien oder Kometenschweife. B-Linien sind definiert als laser-ähnliche vertikale, echogene Reverberationsartefakte, die ohne Abschwächung von einer glatten Pleuralinie ausgehen, sich über den ganzen Bildschirm ausdehnen und sich atemabhängig bewegen. Der Nachweis von drei B-Linien in einem Untersuchungsabschnitt ist als positiver Befund zu werten, finden sich mindestens drei B-Linien in zwei Brustwandabschnitten pro Seite kann von einem diffusen interstitiellen Syndrom gesprochen werden. Am häufigsten verantwortlich für die B-Linien ist das kardiogene Lungenödem, dabei sind die B-Linien häufig symmetrisch, in den abhängigen Zonen nachweisbar und reagieren rasch auf therapeutische Massnahmen (z.B. Diuretika).

Kometenschweife (comet tails) gehen von einer fragmentierten Pleuralinie aus, werden in der Tiefe breiter und sind kürzer (<10 cm) als B-Linien.14 Kometenschweife sind bei der Lungenfibrose meist posterobasal nachweisbar und mit subpleuralen kleinen Konsolidierungen assoziiert. Beim ARDS zeigt sich ein unregelmässiges Muster mit betroffenen (viele Kometenschweife) und nicht-betroffenen Bereichen (keine Kometenschweife) neben häufigen subpleuralen Konsolidierungen und einer stark fragmentierten Pleuralinie. Die detaillierte Ultraschalluntersuchung, zusammen mit der Klinik und den Vorbefunden des Patienten, kann oft helfen, den weiteren diagnostischen Prozess zu beschleunigen. Zur sonographischen Beurteilung von interstitiellen Lungenpathologien, z.B. im Rahmen einer SARS-CoV2-Pneumonie, empfiehlt es sich, einem standardisierten Protokoll zu folgen.15

Mediastinale Pathologien

Die Abklärung mediastinaler Tumoren erfolgt heute in den meisten Fällen mittels endobronchialem Ultraschall (EBUS) auf der Basis einer vorangestellten CT bzw. positronen-emissions-tomographie (PET)/CT des Thorax. Hierüber nicht erreichbare Strukturen werden mittels Mediastinoskopie oder bildgestützter Biopsie angegangen. Wenn der Tumor sonographisch gut darstellbar ist und sich ein adäquates Biopsiefenster bietet, ist die ultraschall-geführte Punktion eine günstige und sichere Möglichkeit zur Entnahme zytologischen Materials. Zukünftig könnte eine ultraschall-geführte Kryobiopsie mit Asservierung von solidem Gewebe aus mediastinalen Lymphknoten zu einem Informationszugewinn führen.16,17

Zwerchfellfunktion

Eine Zwerchfelldysfunktion oder eine Zwerchfellparalyse kann sonographisch rasch, mit hoher Genauigkeit und Reproduzierbarkeit diagnostiziert werden.18 Das Zwerchfell verdickt sich wie jeder andere Muskel bei Aktivierung. Ein chronisch paralysiertes Zwerchfell atrophiert und wird dünn. Es verdickt sich bei Inspiration nicht, sondern zeigt bei Inspiration zumeist eine paradoxe Beweglichkeit nach oben anstatt nach unten. Bei vermuteter Dysfunktion wird einerseits die Zwerchfellbeweglichkeit, andererseits die Zwerchfellverdickung gemessen. Die Zwerchfellbeweglichkeit wird in einem subcostalen Querschnitt (Abbildung 1F) bestimmt. Die Beweglichkeit umfasst 1.6 cm (+/-0.3 cm) bei “normaler” Atemexkursion und steigt auf 5.7–6.4 cm (+/-1 cm) bei tiefer In- und Exspiration an. Bei einer Zwerchfellparalyse ist eine fehlende oder paradoxe Bewegung typisch, bei einer Zwerchfelldysfunktion eine eingeschränkte Beweglichkeit von <1 cm zu erwarten. Die Zwerchfellverdickung wird im Längsschnitt mit der Linearsonde zwischen vorderer und mittlerer Axillarlinie rechts (9. ICR) und links (9. -10. ICR) im Bereich des Kontaktes des Zwerchfells mit der Thoraxwand (zone of apposition) gemessen. Die Verdickungsfraktion wird nach folgender Formel berechnet:

Formel Verdickungsfraktion

TF, Verdickungsfraktion; Tdi-insp, Diaphragmadicke in Inspiration; Tdi-exp, Diaphragmadicke in Exspiration.

Eine Verdickungsfraktion von <20% ist diagnostisch für eine Zwerchfellparalyse. In den Beispielbildern zeigt sich rechts eine normale Verdickung (Abbildung 4A), links (Abbildung 4B) eine Zwerchfellparalyse mit fehlender Verdickung.

Abbildung 4
Abbildung 4.A) Zwerchfellfunktion rechts: Normale Verdickung von 0.25 cm auf 0.44 cm. B) Zwerchfellfunktion links: Fehlende Verdickung von 0.21 cm auf 0.25 cm: somit Zwerchfellparese links.

Aussicht

Der Stellenwert der thorakalen Sonographie wird in Zukunft zunehmen, da mit ihr rasch und in Echtzeit wichtige und richtungsweisende Befunde erhoben werden können, welche die weiteren Abklärungsschritte definieren. Grundkenntnisse in der thorakalen Sonographie erleichtern die rasche Abklärung thorakaler Beschwerden in der hausärztlichen Praxis und auf Notfallstationen und führen zu einer zügigeren und zielgerichteteren weiteren Diagnostik und Therapie.

«Das Wichtigste für die Praxis»

  • Die thorakale Sonographie ist von breitem Nutzen bei der Diagnostik pleuraler und thorakaler Erkrankungen, ihr Stellenwert nimmt zu.

  • Grundkenntnisse in der thorakalen Sonographie sind essentiell, da hierdurch rasch und in Echtzeit richtungsweisende Befunde erhoben werden können.

  • Pleuraergüsse werden bzgl. Grösse, Echogenität und Septierung bewertet und entsprechend dokumentiert.

  • Pleuraergusspunktionen werden mit Hilfe des Ultraschalls sicherer durchgeführt.

  • Ultraschall-geführte Punktionen von thorakalen, pleuralen oder pulmonalen Veränderungen können zu einer raschen Diagnosestellung mit geringem Aufwand und Risiko beitragen.

  • Die thorakale Sonographie ermöglicht eine Zwerchfelldysfunktion oder – paralyse sicher zu diagnostizieren.

  • Nach thorakalen Interventionen kann die thorakale Sonographie helfen, ohne zusätzliche Strahlenbelastung einen Pneumothorax auszuschliessen.

  • Die standardisierte Protokollierung gem. SGUM-Vorlage ist wichtig für die Nachvollziehbarkeit und Nachverfolgung von Sonographiebefunden.

  • Der Lungenultraschall ist das «Stethoskop der Zukunft», er sollte auch in der Ausbildung der nächsten Ärztegeneration einen wichtigen Stellenwert einnehmen.


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